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Zu Besuch bei Jörg Extra

Auch wenn ich mir Kunst gerne anschaue und sie fotografiere, bin ich absolut kein Experte oder Kunstkenner. Mir fällt immer wieder auf, dass es Kunst gibt, die ich einfach irgendwie interessant finde und es andererseits Kunst gibt, die mich richtig abholt. Ich glaube, dass ich aussteige, wenn es mir zu abstrakt wird. Daher liebe ich beispielsweise die Arbeiten von Tata Ronkholz, einer Fotografin aus Krefeld. Besonders angetan hat es mir ihre Serie über Trinkhallen und Kioske in Köln. Ich mag offenbar das realistische lieber. 

Die Ausstellung

Da passt es sehr gut, dass ich bereits im Spätsommer 2023 den Bensberger Künstler Jörg Extra kennenlernen durfte. Mein damaliger Kollege Holger  hatte erzählt, dass es in der Galerie Schröder & Dörr eine neue Ausstellung gäbe und er darüber berichten wolle. Für mich heißt das dann immer, einen Termin mit der Galerie oder den Künstlerinnen und Künstlern zu vereinbaren, die Kamera einzupacken und zu schauen was mich so erwartet. 

Was sich mir dann bot, als ich die kleine Galerie in der Wingertsheide betrat, hat mich gleich begeistert. In seiner Ausstellung "Back views" zeigte Jörg Extra fast ausschließlich Porträts von Menschen im öffentlichen Raum. Meist im amerikanischen Schnitt (oberhalb des Knies) und immer von hinten. Dabei hatten die Motive immer eine unglaubliche Tiefe, waren regelrecht fotorealistisch. Das ist genau diese Art von Kunst, die mich abholt. 

Noch bevor ich die Kamera überhaupt ausgepackt hatte, kamen der Künstler und ich gleich ins Gespräch. Er erzählte, dass die Basis für seine Werke meist auf seinen Reisen entsteht. Er streift dabei durch die jeweiligen Metropolen und fotografiert Menschen im Stile klassischer Streetphotography. Wenn er wieder in seinem Atelier ist, bearbeitet er die Leinwände mit Zeitungspapier und beginnt dann, die Porträts zu malen. Als Vorlage dienen dann die Fotos und seine Erinnerung an den jeweiligen Moment. 

Inspiriert von den tollen Werken und all den "back views", kam mir dann die Idee, das Titelbild für unseren Beitrag zu seiner Ausstellung auch von hinten, also in der Rückansicht zu machen und Jörg Extra war gleich dabei. Ich musste ihn nicht überreden, dieses eher unkonventionelle Bild zu machen. 

Nachdem ich nun schon den kompletten Nachmittag in der Galerie verbracht hatte, merkte ich wie neugierig ich auf den Künstler war. Da lag es auf der Hand, dass ich ihn fragen würde, ob ich ihn mal mit der Kamera in seinem Atelier besuchen dürfe. Und was soll ich sagen? Jörg Extra hatte, genau wie ich, richtig Bock auf ein solches Fotoshooting. 

Homestory

Es vergingen dann allerdings fast sechs Monate, ehe wir einen passenden Termin fanden. Anfang Februar lud Jörg Extra mich zu sich nach Hause ein. Ja richtig, zu sich nach Hause. Ein bisschen verwundert war ich schon, denn eigentlich war meine Vorstellung von Ateliers etwas anders. Die meisten Ateliers die ich kannte, waren meist recht vollgestellt und sahen eher nach Arbeitsplatz aus. Eher unaufgeräumt und mit unzähligen Farbklecksen auf dem Boden. Aus meiner Sicht eher ungemütlich. Bei Jörg Extra war das anders. Sein Atelier ist tatsächlich Teil seiner Wohnung. Es wirkt wie ein Esszimmer - irgendwie sogar gemütlich. 

Nachdem wir einen Kaffee getrunken hatten und Extra mir von seinen verschiedenen Projekten, beispielsweise den "Auto-Porträts",  erzählt hatte, ging es ans Werk. Ich packte die Kamera aus und er arbeitete an einem seiner "Wimmelbilder". Dabei vergas ich vor lauter Quatscherei öfter mal das Fotografieren. Besonders spannend fand ich seine Erzählungen vom Tagesablauf eines Künstlers. In meiner Vorstellung arbeiten Künstler zu Unzeiten - eben gerade dann, wenn sie eine Eingebung haben. Aber bei Jörg Extra scheint die Realität ganz anders zu sein. Sehr bodenständig, fast schon wie ein Nine-to-five-Job. 

Überhaupt fiel mir auf, dass ich Jörg Extra anders wahrnahm als die meisten anderen Künstler. Viele Künstlerinnen und Künstler umgibt etwas, das ich nicht so recht fassen kann. Ohne jemandem zu nahe treten zu wollen, könnte man es vielleicht "Selbstinszenierung" nennen. Das fehlte hier aber gänzlich. Wie ein kreativer Handwerker erzählte er mir von seinen Job als Künstler, was ich unglaublich sympathisch fand.

Mittlerweile war es schon spät geworden und ich wollte unbedingt noch das eigentliche Porträt machen. Mir schwebte ein Headshot vor - reduziert, nah, ehrlich und mit knackigem Licht. Und ich glaube, das ist uns gelungen. Ich mag das Bild sehr. 

Hier müsste nun vermutlich ein Resümee kommen. Aber so viel fällt mir gerade nicht ein. Außer dass ich einfach meine Arbeit liebe und sehr dankbar bin, dass Menschen mir vertrauen und mir ihre Zeit für meinen Tüddelkram schenken. Vielen Dank, lieber Jörg, dass ich Dich besuchen durfte!

Den Artikel zur Ausstellung bei Schröder & Dörr findet Ihr übrigens hier
Und hier die Webseite von Jörg Extra. 
Oder lieber Instagram

Sehr beeindruckend fand ich übrigens seine Auto-Porträts. 

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